HEIFO baut für Tönnies eine Ammoniak-Großkälteanlage

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Badbergen. Die größte Baustelle im Altkreis Bersenbrück, wenn nicht sogar im Osnabrücker Land, befindet sich zurzeit in Badbergen. In der Artland-Gemeinde investiert der Tönnies-Konzern 85 Millionen Euro in die Modernisierung des Schlachthofes. Im Sommer soll an der Bahnhofstraße Europas modernster Schlacht- und Zerlegebetrieb für Rindfleisch den Betrieb aufnehmen. Ein Besuch auf der Baustelle.

Die Pläne, Badbergen zum Zentrum für die Rindfleischproduktion im Konzern zu machen, sei nach der Übernahme der insolventen Firma Artland Convenience im September 2017 schnell klar gewesen, sagt Thorsten Groß. „Wir haben das im Rahmen einer Masterplanung verfeinert“, führt der Geschäftsführer der Unternehmenssparte Tönnies Rind aus. Vom „Gemischtwarenladen" zum „Rinderkompetenzzentrum“ Was damit gemeint war, erläutert Tönnies-Unternehmessprecher André Vielstädte: „Der Standort Badbergen war vor der Übernahme durch die Tönnies-Gruppe ein Gemischtwarenladen: Es gab einen Schlachthof, einen Zerlegebetrieb, einen Convenience-Betrieb, eine Produktionslinie für vegetarische Artikel. Das hatte sicher alles seine Berechtigung. Aber ein Gemischtwarenladen funktioniert in dieser Größenordnung nicht mehr.“ Deshalb sei entschieden worden, einen spezialisierten Betrieb aufzubauen: „Badbergen wird ein Rinderkompetenzzentrum.“

85 Millionen Euro investiert die Tönnies-Gruppe am Standort Badbergen. Die Produktionshallen der früheren Firma Artland Convenience an der Bahnhofstraße werden von Grund auf saniert. Architekten und Ingenieure entwarfen die Konzeption für einen zeitgemäßen Schlachthof mit Modellcharakter. Als die Baupläne auf dem Tisch lagen, stand fest, dass die technische Aufrüstung 85 Millionen Euro kosten wird. Damit war auch die Entscheidung gefallen, den bisherigen Schlachthof von Grund auf zu sanieren und zu erweitern. Die charakteristische Brücke über die Bahnhofstraße zwischen Schlachthof und Verwaltungstrakt bleibt erhalten. Gebäude wie das alte Maschinenhaus, die dagegen nicht mehr erforderlich sind, werden in Kürze dem Erdboden gleichgemacht. „Diese Investition ist aktuell eine der größten in einen Standort in der Tönnies-Gruppe“, sagt Vielstädte. Das sei „ein sehr klares Bekenntnis zum Standort Badbergen und zur Region“.

Zur Sache: Tönnies-Gruppe seit 2017 Eigentümer Im Jahr 2017 übernahm der Tönnies-Konzern die Firma Artland Convenience, die zur Unternehmensgruppe Lutz Fleischwaren mit Sitz in Landsberg gehörte. Diese hatte im April 2017 Insolvenz angemeldet. Bereits vor 15 Jahren hatte Tönnies Interesse, die Firma Artland Fleischwaren zu übernehmen. 2005 war Artland Fleischwaren zahlungsunfähig geworden, doch eine Einigung mit Tönnies kam nicht zustande. 2006 übernahm die niederländische Vion-Gruppe den Badberger Betrieb, der fortan Artland Convenience hieß. Im Juli 2014 ging die deutsche Unternehmenssparte Convenience Retail der Vion-Gruppe – und damit auch Artland Convenience – an eine Beteiligungsgesellschaft sowie zwei Fleischunternehmer. 2016 hatte der Eigentümer Lutz Fleischwaren noch die Bedeutung des Standortes Badbergen für die Unternehmensgruppe hervorgehoben. Ein Schlachthof-Neubau auf der grünen Wiese sei für Architekten einfacher als eine Sanierung. Aber es gebe Mehrwerte, die so ein Investment in einen bestehenden Betrieb ausmachten. „Wir können auf viel Kompetenz zurückgreifen: Mitarbeiter/-innen, die den Betrieb kennen; Genehmigungsbehörden, die Erfahrungen mit Schlachthöfen haben. Und: So viele grüne Wiesen für Schlachthof-Neubauten gibt es nicht“, erläutert André Vielstädte. Ein weiteres Argument: „Unser Betrieb ist da, wo auch die Tiere sind. Das garantiert kurze Wege“, ergänzt Thorsten Groß. Außerdem sei die Fleischproduktion der Region nicht fremd. Zu den besten Zeiten hätten am Standort Badbergen fast 1000 Menschen gearbeitet. „Diese Tradition führen wir fort.“ „Wir haben die Schlachtung seit Baubeginn nicht einen Tag stilllegen müssen.“Thorsten Groß, Projektleiter der Tönnies-GruppeSeit Sommer 2019 wird auf dem Schlachthof gearbeitet. In Spitzenzeiten sind bis zu 300 Bauarbeiter/-innen auf dem Gelände beschäftigt. Die mussten zunächst die Produktionshallen entkernen, um sie für die künftigen Arbeitsprozesse herzurichten. Die Herausforderung: Trotz des Umbaus musste der Betrieb weiterlaufen. „Wir haben die Schlachtung seit Baubeginn nicht einen Tag stilllegen müssen“, merkt Groß an. Die Zerlegung sei aber Anfang 2019 eingestellt worden. „Dies wäre während der Bauarbeiten nicht mehr möglich gewesen.“ Wer Jahrzehnte alte Produktionshallen mit teilweise maroder Technik umbaut, erlebt so manche Überraschung. Das ging den Projektverantwortlichen in Badbergen nicht anders. Trotzdem liegt das Millionen-Projekt im Zeitplan: „Wir sind auf der Zielgeraden.“ Das Rindfleisch wird nach einem ausgeklügelten System und mit einem hohen Automatisierungsgrad verarbeitet.

Der künftige Schlacht-, Zerlege- und Veredelungsprozess erfolgt nach den Tönnies-Planungen einem ausgeklügelten System mit innovativer Kühltechnik, maschinengestützter Zerlegung und hochautomatisiertem Kommissionier- und Versandprozess. Auch hier soll Badbergen Modellcharakter bekommen. „In der Schlachtung und Zerlegung werden viele Bereiche automatisiert, die anderswo noch mit der Hand erledigt werden“, erklärt Unternehmenssprecher Vielstädte. So sei geplant, dass Roboter die nach der Schlachtung auf sieben Grad Celsius heruntergekühlten Rinderhälften vorsägen, was auch einen hygienischen Vorteil habe. Ganz ohne Handarbeit aber wird es nicht gehen. „Fleisch ist ein gewachsener Rohstoff. Um diesen zu verarbeiten und zu veredeln, werden Menschen gebraucht, die ihr Know-how einbringen“, ergänzt Thorsten Groß. Eine Fleischfabrik der kurzen Wege. Über mehrere Hundert Meter lange Förderbänder und Förderstrecken an den Decken gelangt das Fleisch auf die Zerlegelinien, an denen auf höhenverstellbaren Podesten die Mitarbeiter/-innen stehen, um es Stück für Stück zu zerlegen. Die Arbeitstemperatur liegt bei zwölf Grad Celsius. Die Kühlung soll so wenig Zugluft wie möglich erzeugen, effiziente Technik den Energieverbrauch reduzieren. Das „Abfallprodukt“ Wärme bei der Kälteerzeugung dient zum Beispiel der Warmwasserbereitung. Die Wege in der neuen Fleischfarbik sind kurz, Zwischenlager gibt es nicht – jeder Arbeitsschritt ist so konzipiert, um dem selbstgesetzten hohen Qualitätsanspruch gerecht zu werden. Nach der Weiterverarbeitung nach Kundenwunsch landet das Fleisch im Reifelager. Das bietet Platz für 13.000 Transportbehälter, die vollautomatisch und nach einem chaotischen System eingelagert werden. Wo welche Bestellung lagert, weiß nur das computergestützte Warenwirtschaftssystem. Von hier aus geht es entweder direkt zur Kundschaft oder ins Logistikzentrum am Tönnies-Sitz in Rheda-Wiedenbrück. Der Tradition verpflichtet: Das Fachwerkhaus mitten auf dem Betriebsgelände will der Tönnies-Konzern künftig als Kunden- und Schulungszentrum nutzen. In Badbergen können nach der vollständigen Inbetriebnahme (Groß: „Das ist ein komplexer Prozess“) 900 Tiere pro Tag an sechs Tagen in der Woche geschlachtet werden. „Das ist eine Zielgröße, die wir anstreben“, so der Geschäftsführer. Geschlachtet und verarbeitet werde der Jungbulle genau wie die Milchkuh, um die weltweit ganz unterschiedlichen Verzehrgewohnheiten zu bedienen. Während Deutsche eher mageres Fleisch bevorzugten, freuten sich Verbraucher in Skandinavien auf Fleisch mit dicker Fettauflage. Veredelt werden in Badbergen auch Tiere aus den Rinderschlachthöfen Wilhelmshaven, Legden und Kempten. Die Rinder-Viertel werden per Kühltransport angeliefert und dann an passender Stelle in den laufenden Verarbeitungsprozess eingefädelt. Verarbeitet werden im Rinderkompetenzzentrum Badbergen auch die Innereien vom Pansen bis zum Ochsenschwanz. Der Anspruch: Die Tiere sollen ganzheitlich vermarktet werden und nichts davon weggeworfen werden, so Groß. Die Nachfrage bestehe, Innereien seien gerade auf dem asiatischen Markt gefragt. 500 Mitarbeiter/-innen werden am modernisierten Tönnies-Standort arbeiten. Bei der Besetzung der 380 neuen Stellen sei der Konzern gut vorangekommen, berichtet Thorsten Groß, der den Betrieb in Badbergen leiten wird. Gesucht wurden Schlachter, Haustechniker, Mechatroniker, Installateure, Metallbauer, Lebensmitteltechniker (m/w/d). „Jeder zehnte Mitarbeiter, der hier arbeiten wird, hat eine technische Ausbildung. Diese Stellen zu besetzen, war schon eine Mammutaufgabe.“ Unter den Beschäftigen sind nach seinen Worten auch viele erfahrene Mitarbeiter/-innen, die in den Vorgängerunternehmen „viele Höhen, Tiefen und Enttäuschungen“ miterlebt hätten. Groß spüre in der Mitarbeiterschaft eine Aufbruchstimmung. „Sie sehen: Hier passiert etwas, es wird nicht nur angekündigt, hier ist Beton geflossen.“ Groß und Vielstädte lassen keinen Zweifel daran, dass Tönnies „ein Bestandteil dieser Region“ werden wolle.

Auf der Zielgeraden: Im Sommer 2020 soll der modernisierte Tönnies-Standort Badbergen in Betrieb gehen. Foto: Mirko NordmannModellcharakter verspricht der Tönnies-Konzern auch der Unterbringung der Mitarbeiter/-innen. Die angestrebten 500 Beschäftigten könnten nicht alle in Badbergen wohnen und arbeiten. Das hatte Badbergens Bürgermeister Werner Meier schon beim Neujahrsempfang der Gemeinde klargestellt. Er plädierte dafür, die Wohnungen auf zwei bis drei Standorte zu verteilen. Mittelfristig, so Groß, würden eigene Werkswohnungen gebaut, die der Konzern selbst bewirtschafte. „Wir sorgen dafür, dass jemand vor Ort ist, der aufpasst, dass alles ordentlich ist und geregelt zugeht.“ Geplant seien Wohnhäuser mit Ein-Personen-Apartments und Wohnungen für Paare, um den regionalen Wohnungsmarkt zu entlasten, kündigt André Vielstädte bereits im Januar an. Wohnraum für eine kurzfristige Unterbringung der Beschäftigten in den umliegenden Gemeinden zu finden, gestalte sich allerdings schwierig, gesteht Thorsten Groß. „Das ist nicht ganz einfach. Wir spüren schon Vorbehalte.“ Er verstehe die Ängste, die auf Basis von Gerüchten entstünden. „Leider wird dabei oft mit Vorurteilen gearbeitet. Deshalb wollen wir zuerst den Städten und Gemeinden unsere Konzepte vorstellen und gemeinsam nach Möglichkeiten der Umsetzung suchen.“ Klar sei aber auch: Irgendwo müssten die Mitarbeiter/-innen eines Wirtschaftsunternehmens in dieser Größe wohnen. „Da muss man dann auch eine gewisse Offenheit zeigen, wie es die Gemeinde Badbergen und die Samtgemeinde Artland getan haben. Hier spüren wir einen Rückhalt.“  Thorsten Groß ist überzeugt, „dass die ganze Region etwas davon hat, wenn in Badbergen 500 Arbeitsplätze entstehen“. Das erzeuge auch eine entsprechende Kaufkraft.

Zur Sache: Der Tönnies-Konzern Die Tönnies-Gruppe mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück ist nach eigenen Angaben ein international tätiges Familienunternehmen mit rund 16.500 Mitarbeiter/-innen. 2019 erzielte der Konzern weltweit erstmals einen Jahresumsatz von mehr als sieben Milliarden Euro. Tönnies verarbeitete laut Mitteilung weltweit fast 21 Millionen Schweine, davon 17 Millionen in Deutschland, sowie 440.000 Rinder. Kerngeschäft des 1971 gegründeten Unternehmens sind Schlachtung, Zerlegung, Verarbeitung und Veredelung von Schweinen und Rindern.

Tönnies-Sprecher Vielstädte ergänzt, dass es „uns wichtig ist, die Bevölkerung bei unseren Planungen mitzunehmen“. Das Unternehmen werde sich allen kritischen Fragen stellen und umfassend informieren. „Wir wissen, worauf wir achten müssen.“ Gleichwohl habe er Verständnis, wenn Kommunen erst einmal zurückhaltend reagierten angesichts der wechselvollen Geschichte des Standortes Badbergen.

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